Am 16. 4. 2015 sprach Ulrich Sahm auf Einladung der DIG Heilbronn-Unterland in der gut besuchten Weinvilla in Heilbronn. Das Thema seines Vortrags lautete: ,,Israel – demokratischer Rechtsstaat im Nahen Osten. Die Realität vor Ort.”

Ulrich Sahm ging zunächst auf die aktuelle Situation nach der Wahl in Israel ein. Auch wenn er selbst kein Freund von Benjamin Netanjahu sei, so müsse dennoch festgestellt werden, dass in Bezug auf den Iran beispielsweise in Israel ein breiter Konsens herrsche: Der Iran mit  seiner Politik (u. a. Entwicklung einer Atombombe) wird in Israel allgemein als Bedrohung empfunden. Dazu tragen z. B. auch Videos seitens des Irans bei, die auf YouTube gesendet werden, in denen Israel nach einem vermeintlichen Atomschlag gezeigt wird.

Anschließend zeigte U. Sahm auf, dass Israel ein moderner Rechtsstaat nach dem Vorbild westlicher Demokratien ist. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Frage: In welcher Tradition sich sieht der Staat Israel? Die Antwort überrascht: Vorbildcharakter für viele Gesetze Israels hat das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das am 1. Januar 1900 im Deutschen Kaiserreich eingeführt worden war.

Böse Zungen behaupten sogar, Israel sei nicht nur die einzige Demokratie, der einzige Rechtsstaat im Nahen Osten, sondern sogar der einzige ,,Staat’’. Inwiefern könne man denn vom Libanon, von Syrien, vom Jemen oder vom Irak noch von einem ,,Staat’’ sprechen?

Im Zusammenhang mit der Darstellung  des Rechtsstaates Israel wurde vom Publikum die Frage gestellt, wie denn ein palästinensischer Staat aussehen könne, also die sogenannte Zweistaatenlösung? Bei dieser Frage lief der Referent zur Hochform auf. Zunächst stellte er fest, dass in den Osloer Verträgen von 1993 und 1995 keine Rede von einem palästinensischen Staat ist. Außerdem habe Jitzchak Rabin seinerzeit deutlich gesagt, es werde niemals einen palästinensischen Staat geben. Vor allem müsse man sich jedoch vor Augen halten, wann wir überhaupt von ,,Palästinensern’’ sprechen können. Den Begriff nämlich gebe es, sagte Ulrich Sahm, erst seit 1968. Er wurde von Arafat in die PLO-Charta aufgenommen. Darüber hinaus taucht das Wort ,,Palästinenser’’ bei der UNO zum ersten Mal 1974 auf. In der Geschichte wird der Begriff Palästina zuerst unter Kaiser Hadrian als Syria-Palaestina verwendet. Vorher hieß das Land auch unter den Römern ,Judäa’.

Eine weitere Frage betrifft die immer wieder erwähnten Siedlungen Israels, die angeblich einem Friedensprozess im Wege ständen. Auch hier zeigte Ulrich Sahm seine profunde Sachkenntnis. In Ostjerusalem und im Westjordanland leben 500 000 Israelis, vor allem, weil es dort wesentlich günstigere Wohnungen gibt als anderswo. Es wäre kein Problem, 90% der sogenannten Siedlungen sofort zu räumen, falls es einen Friedensprozess geben sollte. Wenn billigerer Wohnraum zur Verfügung gestellt würde, würden die Menschen in den ,,Siedlungsgebieten’’ sofort umziehen können.

Im Hinblick auf einen  Friedensprozess bleibt Ulrich Sahm skeptisch. Wenn die Palästinenser sich nicht einmal untereinander einigen können (würde bei freien Wahlen nicht eindeutig die Hamas gewinnen?), wie soll dann ein langfristiger Friedensprozess mit Aussicht auf Erfolg in Gang gesetzt werden.

Der fundierte und unkonventionelle Vortragsstil U. Sahms kam beim Publikum sehr gut an. Letztlich musste  bei der schwierigen Thematik einmal mehr das Brechtzitat bemüht werden. ,,Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen, den Vorhang zu und alle Fragen offen.’’